BiPoC

Glossarbeitrag: BiPoC

Die englische Abkürzung BiPoC soll die Erfahrungen und Lebensrealitäten verschiedener rassifizierter Communities zusammenbringen. Die Abkürzung stammt aus den USA und setzt sich zusammen aus Black, Indigenous and Person of Color; zu Deutsch also Schwarze Menschen, Indigene Menschen und Menschen of Color. Weitere Variationen des Begriffs sind, beispielsweise BPoC (Schwarze Menschen und Menschen of Color) oder auch PoC (Menschen of Color). Die Bezeichnung verbindet Menschen, die von der weißen Dominanzkultur ausgegrenzt werden und stärkt gleichzeitig antirassistische Interventionen und Allianzen.

Black/Schwarz: „Ist eine politische Selbstbezeichnung, deswegen wird diese immer großgeschrieben. Sie bezieht sich nicht auf das Aussehen, sondern auf eine gemeinsame Position in der Gesellschaft und damit auch überschneidende Erfahrungen. Sie ist eine Bezeichnung für Menschen mit afrikanischen, afrodiasporalen Bezügen. Afrodiasporal bedeutet, dass Menschen verwandtschaftliche Herkunftsbezüge zum afrikanischen Kontinent haben. In den USA wird der Begriff African-American verwendet, im Deutschen Kontext existiert die Bezeichnung Afrodeutsche*r“ (thelivingarchives.org/glossar/bipoc).

Indigenous/ Indigen: Bedeutet „in ein Land geboren“. Die Selbstbezeichnung definiert die Erfahrung, durch kolonialen Landraub verdrängt zu werden und infolge dessen Verfolgung, Mord bzw. Genozid erlebt zu haben/ zu erleben. Bis heute existiert keine mehrheitlich anerkannte Bezeichnung für das gesamte Spektrum der indigenen Völker. Indigene Menschen bevorzugen die Verwendung der jeweiligen Selbstbezeichnung, also den Namen, den sich eine Gruppe selbst gibt.

Person/ Menschen of Colour: Menschen of Color ist eine Selbstbezeichnung für Personen, die Rassismus erfahren. Der Begriff soll Widerstand und Solidarität schaffen zwischen denen die sich damit identifizieren und außerdem die Vielfalt an Erfahrungen, Biografien und Herkünften betonen.

Der Begriff BiPoC funktioniert als Auffangbegriff für alle Menschen, die nicht als weiß gelten, denn es kann umständlich sein die verschiedenen Kategorien Schwarz, Braun, asiatisch, arabisch etc. aufzulisten. BiPoC „markiert eine politische gesellschaftliche Position“ (Amadeu-Antonio-Stiftung, 2014), von Menschen, die keinen Zugang zu weißen Privilegien haben. Somit ist die Stellung von BiPoC im rassistischen System der Gegensatz zur zentralen Machtposition weißer Menschen. Der Großteil aller verwendeten Begriffe in Diskursen über Rasse sind ungenau, weil Rasse ein soziales Konstrukt ist und keine biologisch-natürliche Realität. Daher ist die Frage, wer BiPoC ist, nicht abhängig vom Melanin Anteil in der Haut. Beispielsweise haben viele Araber*innen eine hellere Haut als manche Europäer*innen. Folglich sind Begriffe wie weiß und BiPoC nicht deskriptiv, sondern politisch. Außerdem ist der Begriff nicht als abgeschlossene Bezeichnung zu verstehen, denn Sprache ist dynamisch und im konstanten Wandel.

Viele der bis heute verwendeten Bezeichnungen in Diskursen zum Thema Rasse sind diskriminierende Fremdbezeichnungen. Der Begriff BiPoC ist eine positiv besetzte Selbstbezeichnung und soll dadurch ermächtigen. Die Abkürzung wurde entworfen von BiPoC für BiPoC und dient zur Solidarisierung.  Martin Luther King verwendete 1963 den Begriff „citizens of color“. Mit der Black-Power-Bewegung und der Gründung der Black Panther Party in den USA gewann die Bezeichnung an Popularität. Als Kampfbegriff konnte PoC verschiedene marginalisierte Personen mobilisieren. In der Zeit nach der brutalen Ermordung George Floyds und der Black Lives Matter Bewegung wurde anstelle des Begriffs PoC vermehrt BiPoC verwendet.

Der Begriff wird dafür kritisiert, dass BiPoC als homogene Masse dargestellt wird. Demnach ist es wichtig, Ungleichheiten innerhalb von BiPoC Communities anzuerkennen, die eigenen Abstufungen von Privilegien zu identifizieren und Hierarchien zwischen, aber auch innerhalb der Communities intersektional zu reflektieren. Nicht alle Menschen of Color machen die gleichen Erfahrungen, insbesondere wenn es um systemische Unterdrückung geht.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der Begriff im US-amerikanische Kontext entstanden ist und deshalb nicht unreflektiert auf andere Kontexte übertragen werden kann. Er berücksichtigt nicht die Diskriminierungsstrukturen welche Rom*nja und Sinti*zze (Antiziganismus) oder Menschen slawischer Herkunft (Antislawischer Rassismus) ausgesetzt sind. Es ist notwendig den Begriff für den deutschen bzw. europäischen Kontext zu überarbeiten.

 

Dunja Noori (Initiative: BiPoC+ Feminismen* Tübingen)
01.08.2024

 

Literatur