Dead name

‚Dead name‘ kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt ‚toter Name‘. Damit sind Namen von trans* und teilweise auch inter* Menschen gemeint, die ihnen zu Beginn des Lebens in der Regel von Eltern gegeben wurden, mit denen sie sich aber nicht (mehr) identifizieren.

Die meisten trans* Personen nehmen im Rahmen ihrer Transition einen neuen, selbst gewählten Namen an, der ihrer Geschlechtsidentität entspricht. Während es manchen nichts ausmacht, wenn andere ihren alten Namen kennen und ggf. verwenden, wenn es um die Vergangenheit geht, wünschen sich die meisten trans* Personen, dass der dead name nicht mehr verwendet wird und auch nicht weiter (z.B. hinter dem Rücken oder in der Öffentlichkeit) verbreitet wird. Das liegt u.a. daran, dass der alte Name eine schmerzhafte Erinnerung an Zeiten sein kann, in denen sie nicht selbstbestimmt leben konnten. Auch wird damit die Gefahr verbunden, dass sich die Wahrnehmung der Person durch Dritte verschiebt, hin zum bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht. Außerdem wird der dead name häufig von Dritten mit der Intention verwendet, trans* Biografien als Spektakel zu inszenieren. Das findet sich häufig in Medien, in denen dokumentarische Geschichten über trans* Personen standardmäßig damit beginnen, welches Geschlecht und welcher Name ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Z.B. in der WDR-Doku „Menschen hautnah: Mädchen oder Junge? Aufwachsen als Transgender-Kind“ aus dem Jahr 2017 sagt ein junges trans* Mädchen, dass sie nicht möchte, dass jemand ihren alten Jungennamen sagt, aber der Name wird in der Dokumentation dennoch genannt und somit einer großen Öffentlichkeit und in Zeiten des Internets auch für alle Zeit bekannt gemacht. Die Geschichte wäre anscheinend weniger dramatisch und somit weniger medienwirksam, wenn der Kontrast zwischen dem ‚alten‘ und dem ‚neuen‘ Ich nicht mit solchen Mitteln inszeniert würde. Die Einwilligung und Selbstbestimmung der trans* Menschen selbst spielt dann keine Rolle mehr. Auch im Alltag wird trans* Personen häufig die Frage nach dem alten Namen gestellt. Dahinter verbirgt sich u.a. die Vorstellung, dass das bei der Geburt zugewiesene, bzw. ‚biologische‘ Geschlecht doch das ‚wahre‘ Geschlecht sei, bzw. dass andere Menschen ein Recht darauf hätten, diese ‚Wahrheit‘ auch zu erfahren. Die eigene Biographie wird somit zum öffentlichen Besitz. Der Begriff dead name und die Weigerung, diesen noch zu verwenden, ist insofern auch ein Widerstand von trans* Menschen gegen diese Vorstellungen. Im Umgang mit trans* Menschen sollte also der dead name als solcher respektiert werden, indem er nicht ohne explizite Zustimmung verwendet oder verbreitet wird. Da der dead name oft noch eine Weile oder dauerhaft der juristische Name ist, stellt dies Verwaltungen oft vor Herausforderungen.

 

Das sog. Selbstbestimmungsgesetz enthält ein Offenbarungsverbot. Es ist demnach verboten, frühere Geschlechtseinträge von TIN* Personen ohne deren Zustimmung in Erfahrung zu bringen oder zu offenbaren. Bestraft werden allerdings nur Fälle, in denen die TIN* Person dadurch absichtlich geschädigt wurden.  Zudem gilt das Verbot nicht explizit für deadnaming oder misgendern. Somit bleibt das Gesetz hier inkonsequent, was den Schutz von TIN* Personen vor transfeindlichen Angriffen betrifft.

 

2023
Robin Bauer

Literatur

  • Steadman, Sarah (2021): “That Name Is Dead to Me”: Reforming Name Change Laws to Protect Transgender and Nonbinary Youth. In: University of Michigan Journal of Law Reform, 55. J., S. 1-44.