Sexismus

Der Begriff Sexismus ist eine Wortschöpfung aus dem Begriff „Sexus“ (lat. für Geschlecht) und der Endung -ismus, die ein strukturelles Machtverhältnis bzw. Diskriminierung beschreibt, wie z.B. beim Begriff Rassismus. Sexismus beschreibt also eine systematische Benachteiligung und Diskriminierung aufgrund von Geschlecht. Da Sexismus sich auf die strukturelle Benachteiligung eines Geschlechts bezieht, beschreibt der Begriff die Benachteiligung von Frauen gegenüber Männern: Sexismus ist die Konsequenz einer patriarchalen Gesellschaftsstruktur und geht in der Regel einher mit Androzentrismus und Misogynie. Das Patriarchat wäre die grundlegende Gesellschaftsform, Androzentrismus eine damit verbundene Norm, die Männer und Männlichkeit als Maßstab aller Dinge setzt, Sexismus die aus Patriarchat und Androzentrismus resultierende Benachteiligung und Diskriminierung von Frauen, und Misogynie eine Ausdrucksform von Sexismus, genauer eine tief in der Psyche verankerte Ablehnung von Frauen und allem Weiblichen, auch Frauenhass genannt. Im Extremfall äußert sich Sexismus und Misogynie durch Gewaltverbrechen an Frauen aufgrund ihres Geschlechts wie Vergewaltigung oder Femizid. Sexismus ist jedoch auch ein subtileres Alltagsphänomen, das sich auf vielen Ebenen und unterschiedliche Arten zeigt. Zwar können auch Männer in bestimmten Konstellationen aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden (wenn sie z.B. allein aufgrund ihres Geschlechts als Fachkräfte in einer Kita keine Kinder wickeln dürfen), aber dabei handelt es sich um kontextspezifische Erscheinungen, während sich die Benachteiligung von Frauen durch die gesamte Gesellschaftsstruktur zieht. Ein Beispiel dafür wäre der sog. Gender Pay Gap, d.h. die Tatsache, dass Frauen für dieselbe Arbeit durchschnittlich weniger Lohn beziehen als Männer, ein weiteres, dass Frauen durchschnittlich viel häufiger Opfer sexueller Belästigung werden als Männer. Auch Maßnahmen, die der Benachteiligung von Frauen entgegenwirken sollen, wie z.B. Quotierung, werden teilweise als Diskriminierung von Männern diskutiert, dienen aber gerade der Gleichstellung der Geschlechter.

Die gängige Definition von Sexismus als Benachteiligung aufgrund von Geschlecht bzw. von Frauen geht von nur zwei Geschlechtern, (endo cis) Männern und (endo cis) Frauen aus. Benachteiligung aufgrund von Geschlecht betrifft aber auch TIN* Personen. In Ergänzung zum Konzept Sexismus beschreiben die Begriffe Cisgenderismus und Endonormativität gezielt Diskriminierungen aufgrund der Norm der Zweigeschlechtlichkeit. Insbesondere trans* Frauen sind häufig von einem spezifischen Sexismus betroffen. Wie bei allen anderen strukturellen Machtverhältnissen auch, muss zudem Sexismus auch immer aus einer intersektionalen Perspektive betrachtet werden, wie der Schwarze Feminismus seit Jahrzehnten deutlich macht. Denn nicht alle Frauen sind auf dieselbe Art von Sexismus betroffen, sondern Schwarze Frauen z.B. anders als weiße Frauen, Frauen mit Behinderung anders als Frauen ohne Behinderungen, lesbische Frauen anders als heterosexuelle Frauen usw.

In manchen Diskursen wird Sexismus mit einer Einstellung von Individuen gleichgesetzt. Diese zeigt sich vor allem im Alltagssexismus, aber Sexismus hat seine Ursachen nicht in individuellen Haltungen, sondern in einer Gesellschaftsstruktur, die das Entstehen solcher persönlichen Einstellungen begünstigt. Die Form, die Sexismus in Einstellungen und in öffentlichen Diskursen einnimmt, wandelt sich. Teilweise wurden klassische sexistische Überzeugungen, etwa von der Minderwertigkeit von Frauen, durch aktuellere Formen abgelöst. So überschneiden sich zunehmend antifeministische und neosexistische Positionen, wenn z.B. geleugnet wird, dass Frauen weiterhin benachteiligt sind oder Gleichstellungsmaßnahmen als ungerechtfertigte Bevorteilung von Frauen diskreditiert werden. Sexismus ist auch gewissermaßen ambivalent im Ausdruck, sodass man zwischen benevolentem (wohlmeinenden) und hostilem (frauenfeindlichem, aggressivem) Sexismus unterscheiden kann. Hostiler Sexismus äußert sich vor allem in direkten Abwertungen und frauenfeindlichem Verhalten, insbesondere gegenüber Frauen, die nicht traditionellen Frauenbildern entsprechen und ist verbunden mit einer Angst vor einem Verlust des eigenen Status oder männlicher Privilegien und ähnelt damit Definitionen von Misogynie. Benevolenter Sexismus hingegen äußert sich in paternalistischem Verhalten wie beschützenden, aber dabei bevormundenden Gesten gegenüber Frauen. Oberflächlich scheint er daher positiv, kann sich z.B. in Komplimenten, romantischen Idealisierungen von Frauen oder kavaliermäßigem Verhalten wie dem Aufhalten der Tür für eine Frau äußern, was aber letztlich Frauen als schwach, schutzbedürftig usw. konstruiert und daher einer Gleichstellung entgegenwirkt.

2023
Robin Bauer

Literatur

  • Arndt, Susan (2020): Sexismus*. Geschichte einer Unterdrückung. München: Beck.
  • Becker, Julia C. (2014): Subtile Erscheinungsformen von Sexismus. In: APuZ, H.8, S. 29-34.
  • Bereswill, Mechthild/Ehlert, Gudrun (2022): Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung. In: Scherr, Albert/El-Mafaalani, Aladin/Reinhardt, Anna Cornelia (Hrsg.): Handbuch Diskriminierung. (Living reference work.) Wiesbaden: Springer, S. 1-15, 28.03.2025.
  • Ewert, Felicia (2020): Trans. Frau. Sein. Aspekte geschlechtlicher Marginalisierung. Münster: edition assemblage.
  • United Nations Development Programme (o.J.): Gender Inequality Index (GII). https://hdr.undp.org/data-center/thematic-composite-indices/gender-inequality-index#/indicies/GII, 18.03.2025.